Geplant war das alles nicht. Weder klezmer noch reloaded, nicht das Duo und schon gar kein Volume II, wo es doch gar keinVolume I gegeben hat. Und Volume II ihr drittes Album ist. Alles klar? Mit Plan gehen die beiden nicht vor, dafür haben sie Praktisches im Gepäck:

Fröhlichkeit, denn der Rebbe hot geheißen frejlech sein! Der Rabbi hat übrigens nicht nur gesagt, dass wir fröhlich sein sollen, sondern auch, dass wir statt Wein Schnaps trinken sollen. L’chaim!

Phantasie, und die überwindet bei diesen beiden fahrenden Gesellen aus dem ehemaligen Ostblock von Kindheit an Grenzen – im Reisen, im Denken und in der Musik.

Lust, und Liebe zu den Melodien und Harmonien der Klezmorim, also jener Musiker, die das Leben in den osteuropäischen Schtetlech begleiteten - von der Wiege über Hochzeit und Bar Mitzwa bis zur Bahre. Eine Musik, die dem Polen Golebiowski und dem Russen Shevchenko nahe genug ist, um sie wie im Schlaf zu kennen und fern genug, um mit ihr zu spielen, sie zu verformen, sie zu „reloaden“.

Respekt für so unterschiedliche Landsleute wie den Stummfilmstar Pola Negri (mit dem „Tango Notturno“ aus dem gleichnamigen Film von 1937 gibt Golebiowski eine seiner seltenen Gesangseinlagen) und Fryderyk Chopin. Respekt auch für den Tondichter, nicht den Menschen Richard Wagner und Respekt und Dank für den Geiger und Klezmer-Mentor Leon Pollak.

Respektlosigkeit, nein, nennen wir ’s freundliche Frechheit gegenüber den Genannten, sonst könnten sie Chopin, Wagner und Klezmer nicht in so ferne Gefilde verfrachten. Wobei im Fall Richard Wagners durchaus von später aber subtiler Rache vorauszugehen ist, wenn Tannhäuser ausgerechnet als eine Art Klezmer-Tarantella reloaded wird!

Was findet sich noch in ihren Ranzen? Erstklassiges klassisches Rüstzeug, Golebiowskis verschiedene Klarinetten und ein armenisches Duduk. Nur Shevchenkos Bajan reist als extra Gepäckstück, das anspruchsvolle und kapriziöse chromatische Knopfakkordeon ist sein ganzer Stolz.

Vielleicht steckt auch noch ein Stofftier von Janek im Rucksackoder ein Spielzeugauto von Leo? Schließlich hat der glückliche Papa jedem zur Geburt ein Stück komponiert!

Nach fünf Jahren klezmer reloaded sind Maciej Golebiowski und Alexander Shevchenko ein Duo wie Pech und Schwefel. Sie brennen für ihre Improvisationen, spielen frecher und versierter denn je. Virtuos und verrückt, kurios und seriös sind die beiden so sehr aufeinander eingespielt, dass einer ohne den anderen wie ein Zündholz ohne Reibefläche wäre.

Ab jetzt werden die Volumes gezählt. Und da ein Plan nur der Ersatz des Zufalls durch den Irrtum ist –auch weiterhin: nur keine Pläne bitte!

Text by Mirjam Jessa